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01. März 2007

 

Die Mundöffnung ...


Die Mundöffnung

Zeremonie der Mundöffnung durch die Priester (höchster kher-heb-Priester im Leopardenfell bei der Vorbereitung des nächsten Schrittes), Anubis als stetiger Helfer zwischen dem Verstorbenen und des stilisierten Grabbaus
Papyrus Hunefer, London

"Und die Toten werden zum Licht des Osiris"
Mastaba des Ti, Sakkara

Die Zeremonie der Mundöffnung des Verstorbenen war sowohl eine spirituelle Metamorphose, die bei der religiösen Vergöttlichung auf der rein geistigen Ebene stattfand; sie war aber auch eine rituelle Zeremonie, die wichtiger Bestandteil des Begräbnisses war und die Statue des Verstorbenen, die als sein Doppelgänger gedeutet wurde, auf das Leben nach dem Tod vorbereitete. Beide Bestandteile zusammen schlossen den Kreis der Vorbereitung und waren praktisch unverzichtbar, sollte der Tote nach seiner Wiedergeburt doch in der Lage sein, sowohl den Göttern (zu denen er dann ja auch selbst gehörte) zu huldigen, wie auch ein leibliches Leben zu führen. Die spirituelle Handlung wurde durch Anubis vollzogen, die zeremonielle durch den kher-heb-Priester, dem Öffner der Pforten des Himmels in Karnak. Zumindest die zeremonielle Handlung muss im tatsächlichen Wortsinn verstanden werden. Die Mundöffnung (oder Gesichtsöffnung) gibt der bandagierten Mumie nicht nur die Sprache zurück, sie ermöglicht auch der Gebrauch von Augen, Ohren und Mund und verleiht ihr die Möglichkeit zur Bewegung. 

Die Handlung, die immer innerhalb des Grabes stattfindet, hat aber auch eine sehr globale Deutung. In vielen Abbildungen ist zu erkennen, dass der Kopf der Statue des Toten mit einem Netz bedeckt ist, welches als das kosmische Netz der Weltordnung gedeutet wird. Auch das Naos des Osiris in der spirituellen Stadt Abydos enthielt ein verkleinertes Abbild des Kosmos. Das Grab und das Naos verkörpern also gleichermaßen den Kosmos und durch das öffnen wird die Weltschöpfung, die ja aus dem Kosmos entstand, immer wieder erneuert.  

Zugegeben, sehr, sehr spirituell – aber den alten Ägyptern würdig. Außer der Nilschwemme war praktisch nichts einfach. 

Ms. Weymant-Ronday beschreibt die Mund- oder auch Gesichtsöffnung in „Eine Zeremonie in elf Schritten vor den lebenden Statuen der Serdabs“ ausgesprochen blumig. Wir versuchen dies, zwar auf der gleichen Basis, aber mit deutlich weniger Worten und einer bodenständigen Rhetorik: 

  1. Die Staue (oder Mumie) der Verstorbenen wurde mit dem Gesicht nach Süden auf einen Erdhügel gelegt.
     
  2. Nun wurde die Statue (oder Mumie) mehrere Male beweihräuchert
     
  3. Im Namen der Götter Horus, Seth, Toth und Osiris wurde die Statue (oder Mumie) mit Wasser gereinigt, das in zweimal vier Gefäßen bereitstand.
     
  4. Der Mund und die Augen wurden gereinigt, in dem zehn Natronkugeln in einem Körbchen (fünf für den Süden, fünf für den Norden) davor geschwenkt wurden und zwar so viele Male, wie Kugeln in dem Körbchen waren.
     
  5. Anschließend wurde mit den gleichen Kugeln die gesamte Statue (oder Mumie) beweihräuchert.
     
  6. Der sechste Schritt ist offenbar zwar vorhanden, aber (grübel, grübel) wir können weder mit diesem Schritt, noch mit dem Text irgendetwas anfangen, schon gar nichts Sinnvolles.
     
  7. Nun wurde die erste Mundöffnung vorgenommen. Vier Priester, die die vier Horussöhne symbolisierten, öffneten nacheinander symbolisch den Mund, indem sie ihn mit dem kleinen Finger berührten und die Statue (oder Mumie) wie ein Sohn seinen Vater anredeten.
     
  8. Jetzt wurden Opfergaben in Form eines Ochsen, einer Gazelle und einer Gans dargebracht.
     
  9. Die anschließende (gesonderte) Opfergabe bestand aus dem Herzen und der Vorderklaue eines weiteren Ochsen.
     
  10. Dann wurde versucht der Statue (oder der Mumie) die Opfergaben schmackhaft zu machen, in dem sie jeweils einzeln und mehrmals über den Mund und die Augen geführt wurden, wobei darauf geachtet wurde, dass die Opfergaben Blutspuren zurückließen.
     
  11. Jetzt begann die zweite Mundöffnung, für die verschiedene Geräte benutzt wurden. Zum einen wurde ein Dächsel benutzt und zum anderen das magische Instrument werhi-kau, das auch die Herrschaft über die Götter sicherstellen sollte. Die Zeremonie wurde von Sprüchen begleitet, die die jeweils vorgenommenen Handlungen beschrieben und kommentierten.

    Diese zweite Mundöffnung wurde immer wieder wiederholt und dazu wurden auch immer wieder neu Geräte und Instrumente benutzt. Dies waren: Ein Eisenmeißel, ein Finger aus vergoldetem Silber, ein Beutel mit roten Steinen, Kohlenstücke und ein Holzstab.

    Mund und Augen wurden anschließend mit Schmalz oder Butter eingerieben, welches zuvor mit Milch befeuchtet wurde.

    Die eigentliche Zeremonie endete dann mit der Toilette der Statue (oder Mumie), direkt im Anschluss wurde sie dann aber geschminkt und parfümiert und eine Mahlzeit wurde aufgetragen.

Soviel zur Mundöffnung!

 

 

 

 

 

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