Ägypten weckt die Sehnsucht aller Sinne
Aegyptenweb.de - Alle Seiten Ägyptens
Sie sind hier: Die Nilquellen

 

Siteupdate:
22. April 2007

 

Die Quellen des Nil, eine spannende Sache ...


Natürlich, Sie haben Recht, ganz klar. Die Nilquellen sucht man in Ägypten vergebens. Und dennoch, Ägypten gäbe es ohne den Nil nicht und den Nil gäbe es nicht ohne seine Quellen. Insofern fügt sich das Eine in das Andere und eine spannende Geschichte ist die Suche nach den Quellen des Nil allemal.

Im dynastischen Ägypten verlor sich der Nil an den Grenzen der damals allgemein bekannten Welt. Diese bekannte Welt endete im Marschland des Nildeltas im Norden. Der Ursprung des Flusses dagegen galt als integraler Bestandteil des Universums. Geografisch fand sich dieser Ursprung am 1. Katarakt, nur wenig südlich des heutigen Assuan. Im Volksglauben war dieser Ort auch der Ursprung des Flusses, sowohl im geografischen wie auch metaphysischen Sinne. Die Griechen und Römer hingegen spekulierten trefflich über die unbekannten Quellen, die in einem tiefen unberührten Tal, in einem unentdeckten Land, liegen sollen. Die Römer sprachen wohl oft von „quaere fontes de Nili“, nach den Quellen des Nil suchen, betrachteten die Umsetzung dieser Vision aber als undurchführbar.

Spekulationen über die Quellen des unvergleichlichen Flusses mehrten sich im Laufe der Zeit – eben so, wie es bei Unbekanntem, Geheimnisvollem sein muss. Aischylos behauptete schon im 5. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung, der Nil werde von schmelzendem Schnee gespeist. Herodot hingegen bezieht sich in seinen „Historien“ auf einen Gelehrten aus Sais, der die Quellen des Nil zu kennen glaubt und sagt: “Zwischen den Bergen Crophi und Mophi, aus einem bodenlosen Grund wird der Nil geboren. Die eine Hälfte des Wassers fließt nach Norden, die andere Hälfte fließt nach Süden.“

Der Philosoph Aristoteles behauptet ein Jahrhundert später, der Nil entspringe einem silbernen Berg. Deutlich später im 2. nachchristlichen Jahrhundert sind die Spekulationen mehr von Mathematik und Geographie geprägt. Claudius Ptolemäus legt die Quelle(n) in die „Berge des Mondes“, die mit ihren Schmelzswassern Seen füllen und an deren Abfluss der Nil entstünde. Er gibt sogar Längen und Breitengrade an, an denen sich diese „Mondberge“ befinden sollen. Beeindruckend nahe an der Realität, dieser Schilderung, besonders wenn man bedenkt, dass im 19. Jahrhundert quasi noch immer der gleiche Wissensstand die Runde machte.

Abenteurer und Missionare waren es dann, die im 19. Jahrhundert in außerordentlich anstrengenden, langen und oftmals tödlichen Expeditionen die Geheimnisse um die Nilquellen lüfteten.

Unmittelbar bei Khartum im Sudan treffen zwei Flüsse (der Blaue und der Weiße Nil) aufeinander und vereinigen sich zum allgemein bekannten Nil, der sich dann ca. 2000 Km weiter nördlich in zahllosen Nebenströmen ins Mittelmeer ergießt. Insgesamt hat der Nil dann eine Reise von 6671 Kilometern hinter sich und darf sich seit Menschengedenken längster Fluss der Erde nennen.

 

weisser Nil blauer Nil Die linke Karte zeigt das Quellgebiet des Weißen Nil, die rechte Karte das Quellgebiet des Blauen Nil. Die beiden Kartenausschnitte sind relativ klein geraten, es ist aber dennoch recht gut zu erkennen, wo die beiden Wasserläufe beginnen. Sowohl das jeweilige Quellgebiet wie auch der Zusammenfluss bei Khartum, sind zusätzlich mit einer roten Markierung versehen.

 


Nil im Hochtal

Der Blaue Nil

Dies ist die einfache Variante der Nilexpedition. Bereits im 17. Jahrhundert (1618) entdeckte ein portugiesischer Missionar, Pater Paez (mit Pater Lobo) die Quellen des Blauen Nil im äthiopischen Hochland. Eigentlich wurden die beiden Geistlichen von Einheimischen hingeführt, das Wort „entdeckte“ ist in diesem Zusammenhang nicht wirklich der richtige Ausdruck.

Der „Große Abbai“ fließt als Blauer Nil aus dem südlichen Tana-See in Zentraläthiopien, dies war Pater Paez schnell aufgefallen. Der „Kleine Abbai“ fließt aber aus westlicher Richtung in den Tana-See, insofern stellte sich die Frage, woher kommt das Wasser des „Kleinen Abbai“? Der portugiesische Missionar verfolgte den Wasserlauf bis zu seinem Ursprung und fand den „Gish Abbai“ eine von den immensen Regenfällen im abessinischen Hochland gespeiste „Wasserlandschaft“ die ihre nasse Fracht über schäumende Wasserfälle (Fälle von Tis`Isat) in den Tana-See transportiert.

Pater Paez war Missionar, kein Geologe. Er beschrieb zwar recht genau “seine” Entdeckung, dennoch verging nur verhältnismäßig wenig Zeit bis der Schotte Lincoln Bruce 1770, die von Pater Paez beschriebene Topografie kartografierte und zurück in Europa die Urheberschaft auf „seine“ Entdeckung geltend machte. Es entstanden Kontroversen, es entstand Streit. Am Ende jedoch behielt der portugiesische Pater „den Titel“ Entdecker der Quellen des Blauen Nil

Tis Isat Fälle
Das obere Bild zeigt den Blauen Nil im abessinischen Hochland. (Quelle: Jan Siebert)

Das untere Bild zeigt die Tsi´Isat Fälle. (Quelle: dpa)




Der Weiße Nil

Jetzt wird die Geschichte schon deutlich problematischer. Er vergingen Jahrzehnte der ergebnislosen Suche nach den Ursprüngen des zweiten Flusses, der sich bei Khartum mit dem bereits seiner Geheimnissen beraubten „Blauen Nil“ vereinigt. Weder Mühen noch Kosten wurden gescheut, Kompetenz wurde – insbesondere von der britischen Royal Geographic Society – eingekauft, ausgestattet und losgeschickt. Klima, Hunger, Erschöpfung, Krankheit, wilde Tiere und nicht zuletzt rivalisierende Eingeborenenstämme mit despotischen Oberhäuptern verhinderten lange Zeit vorzeigbare Ergebnisse. Die oftmals etliche Jahre dauernden Expeditionen in das heutige Tansania, Uganda, die Republik Kongo, Burundi und Zaire galten landläufig als „Todeskommandos.“ Richard Burton war der erste, der mit einem „Ergebnis“ von einer seiner zahlreichen Expeditionen nach England zurückkam. Er identifizierte die Quellen des Weißen Nils mit dem Tangajika-See im Grenzland zwischen Burundi und Zaire. Es mag sein, dass Burton von seinem Vortrag überzeugt war, beweisen konnte es seine Behauptung aber nicht. Auch fand er viele Anhänger, denn auch widerlegen ließ sich die „Tangajika-See Variante“ nicht

Klare Verhältnisse schaffte sein Expeditionsbericht jedenfalls nicht, also ging die Suche weiter.

John Hanning Speke, britischer Offizier der indischen Armee brach in Sansibar auf und erreichte Monate später Monauza, ein kleines Dorf am Ufer eines riesigen Sees, Einheimische nannten das Gewässer Nyanza-See. Fasziniert von den momentanen Ausmaßen, gab Burton dem See den Namen Viktoria-Nyanza. Wenig später wurde daraus der Victoria-See. Der Victoria-See grenzt an drei Länder, Tansania, Kenia und Uganda und war (zumindest für Speke) wie geschaffen als Quelle für den königlichen Nil.

Auch die Royal Geographic Society war zwar begeistert, alleine aber die enthusiastische Berichterstattung reichte ihr nicht aus, die Akademiker wollten eine Verifikation, wollten Beweise.

Also machten sich Speke und ein Kamerad, James Augustus Grant erneut auf den langen und gefährlichen Weg nach Zentralafrika. Die Expedition erreichte erst zwei Jahre nach dem Aufbruch (1860) die Ufer des Victoria-Sees, dieses Mal aber deutlich weiter im Norden. Riesige Wasserfälle, die Rippon-Fälle (nach Speke) ergossen sich aus Schwindelerregender Höhe aus dem See, um sich einige Kilometer weiter erneut durch eine Schlucht und die Marchison-Fälle (nach dem Direktor, Royal Geographic Society) in die Tiefe zu stürzen. Die Expedition fand den Ablauf aus dem See, quasi die „Geburtsstätte“ des Weißen Nils, aber war dies auch seine eigentliche Quelle?

 Murchison Fälle

Wieder fehlte der letzte Beweis, den die britischen Wissenschaftler verlangten. Samuel Baker, (mit seiner Frau, die während der Expedition Starb) britischer Forscher und Abenteurer wurde losgeschickt. Sein Bericht brachte aber auch nicht die geforderten Beweise, im Gegenteil. Baker entdeckte einen weiteren (kleinen) See, den er Albert-See taufte und den er für die Quelle des Weißen Nil hielt.

Drei Forscher, drei Expeditionen, drei Meinungen: Burton hielt die Tangajika-See Variante aufrecht, Speke war vom Victoria-See als Quelle überzeugt und Baker bestand auf seine Variante mit dem Albert-See.

links : Murchison Fälle (Quelle:dpa)

Jetzt mussten große Namen her. Die Royal Geographic Society verpflichtete den über alle Zweifel erhabenen David Livingston, Forscher und protestantischen Missionar, der während seiner letzten großen Expedition auf der Suche nach den Nilquellen sein Herz für die Menschen in Afrika entdeckte und keinen einzigen Eingeborenen „missionierte.“ Livingston brach 1866 in England mit dem Versprechen auf, er würde nicht eher zurückkehren, bis er die Quelle(n) des Weißen Nil schlüssig belegen und somit die Streitfrage endgültig geklärt werden könne. Jahre vergingen ohne eine Nachricht aus Afrika. Was war geschehen (?), war Livingston bereits tot? Man schickte John Rowlands Stanley, das personifizierte Abenteuer (afrikanische Einheimische nannten ihn Felsenbrecher) und Journalisten des New York Herald, auf die Suche. Stanley fand Livingston tatsächlich (der über Jahre als „Gast“ bei einem Stammesdespoten festgehalten wurde) und es entstanden eine Männerfreundschaft, zahlreiche Expeditionen, aber keine Ergebnisse.
Dinka Hirte

Livingston blieb in Afrika, Stanley ging zurück nach England, versprach aber, mit Verstärkung zurückzukehren. Ein knappes Jahr später kam er auch zurück und das letzte Kapitel der „Nilquellensuche“ sollte beginnen. Es galt zunächst festzustellen, ob der Banguelo ein kleiner See südlich des Tangajika-Sees und der Albert-See durch den kleinen Flusslauf Lualaba tatsächlich verbunden sind. Aber selbst nach Jahren höllischer Qualen war diese Frage nicht abschließend zu klären. Und Livingston starb krank und ausgemergelt ohne die Frage nach den Nilquellen beantworten zu können.

Stanley machte sich 1871 erneut auf – und diese Expedition sollte alle offenen Fragen klären:

Dinka-Hirte (Quelle: Kazuyoshi Nomachi)

In der Tat sind alle Seen untereinander verbunden, aber dennoch entspringt der Weiße Nil dem Victoria-See. Es existiert keine „Quelle“ aus der der Nil entspringt, er gebiert sich selbst aus den Wassermassen des 68 000 Quadratkilometer großen Victoria-Sees

Jetzt galt es nur noch eine Frage zu klären: Woher kommt das Wasser der zentralafrikanischen „Seen? Auch diese Frage beantwortete Stanley, als er am 24. Mai 1888 die legendären „Mondberge“ fand, von denen schon Claudius Ptolemäus sprach. Es handelt sich um den nur schwer zugänglichen und praktisch immer nebelverhangenen Rumenzori.

Das Gebirgsmassiv besteht im Wesentlichen aus zwei monumentalen Gipfeln von mehr als 5000 Metern Höhe, dem Marguerite – und dem Alexandra-Gipfel, nach den italienischen Erstbesteigern benannt. Die Schmelzwasser dieser Gipfel sind es, die den Seen ihre Wasser schenken.

 

Rumenzori
Jetzt waren alle Fragen geklärt, die epochale Suche nach den Quellen des „ewigen Nil“ abgeschlossen. Der Weiße und der Blaue Nil bahnen sich getrennt ihren Weg bis Khartum, vereinigen sich dort zum eigentlichen Nil und setzen ihre Reise gemeinsam fort, bis ins Nildelta, bis ins Mittelmeer, bis in die Ewigkeit.
Ausschnitt des Rumenzori mit einem Schmelzwasserabfluss.
(Quelle: dpa)

 

 

 

 

Sekundärbanner

 

Im Sudan
 
© Aegyptenweb. de, alle Rechte an Bildern und Texten vorbehalten soweit nichts anders vermerkt, weitere Einzelheiten siehe Impressum